Vereinshistorie
1971-77 Die wilden Jahre
Zurückblickend lässt sich die Vergangenheit des DSFS in einzelne Epochen von jeweils rund acht Jahren einteilen. Von 1971 bis 1979 war der DSFS nicht einmal ein richtiger Verein.
Der Anfang war sehr bescheiden. Wer sich heute vorstellt, wie Helmut Druwen im Juni 1971 den fünf Interessenten schrieb, die sich auf seine Kleinanzeige im “kicker” gemeldet hatten, den mag das an die Pioniertage des Fußballs erinnern. Am 1. Juli 1971 wurde der DSFS von Horst Breitner, Gerhard Fritzsch, Rudolf Klubach, Hans Hoffmann, Heinz-Jürgen Hauzel und Initiator Helmut Druwen gegründet. Nicht einmal Beitrag mussten die Mitglieder bezahlen. Sie erhielten von Druwen, der ja Mitarbeiter zur statistischen Erfassung der Fußball-Regionalligen gesucht hatte, auch noch die Auslagen erstattet. Einmal im Monat erschien der Clubbrief, ein kopiertes A4-Blatt. Im ersten Clubbrief suchte Druwen einen Namen für den Club. Neun Monate nach Gründung des Vereins stand der Name fest. Der Vorschlag kam von Gründungsmitglied Hans Hoffmann.
Der erste entscheidende Schritt zu einem richtigen Verein vollzog sich 1972. Die Jahreshauptversammlungen fanden zu dieser Zeit immer anlässlich des DFB-Pokalendspiels statt. Bei der JHV in Hannover wurde Druwen zum Vorsitzenden gewählt, Clemens Mayer zum Kassenwart. Außerdem wurde ein Mitgliedsbeitrag von 2,50 DM pro Monat beschlossen. Ein gebrauchter Umdrucker für 184 DM, mit dem dann viele Jahre Rundbriefe hergestellt wurden, war die erste große Anschaffung des Clubs.
Im Januar 1973 zählte der DSFS bereits 23 Mitglieder. Einige waren vom inzwischen aufgelösten Bundesliga-Experten-Club (BEC) herübergekommen, u.a. Clemens Mayer, Alfred Nitschke und Gerhard Tittel. Heinz-Jürgen Hauzel wurde 1973 zum Vorsitzenden gewählt, doch der erhoffte Aufschwung blieb aus. Stattdessen musste der DSFS zwei Jahre überstehen, die von Regungslosigkeit bestimmt waren. Anstatt mit Zahlen zu spielen, “lebten” und feierten die Mitglieder lieber. Aber in diesen Zeiten entstanden Freundschaften, die auch heute noch andauern.
Erst durch ein richtungsweisendes Konzept von Helmut Jetter und Heinz-Jürgen Hauzel zur JHV 1975 konnte sich der DSFS entscheidend weiterentwickeln. Neben einem auf sechs Personen erweiterten Vorstand gab es erstmals auch bis zu vier Regionalbetreuer, die das Zusammenwachsen der Mitglieder erleichtern sollten. Sie organisierten Treffen im großen und kleinen Rahmen. Jeden Monat erschien ein Rundbrief mit reichlich Informationen und Unterhaltung.
Zur Unterhaltung gehörten neben manch kuriosen Aktivitäten auch die heute noch existierenden Tipp-Wettbewerbe. Dem TOTO-Tipper-Wettbewerb lag eine besondere Idee zugrunde: Der beste Tipper von TOTO-Zahlen sollte gefunden werden, für den DSFS dann Tipp-Zettel ausfüllen und eine Menge Geld für die Vereinskasse scheffeln. Der erste Sieger, Gerhard Fritzsch, hatte auch gleich einmal elf Richtige. Der Hauptgewinn waren allerdings nicht einmal 20 DM.
1978-85 Die Gründerzeit
Knapp 50 Mitglieder stark, warb der DSFS im Januar 1978 nochmals um Gleichgesinnte in einer “kicker”-Kleinanzeige und erfuhr reichlich Zulauf. Mit Heinz-Jürgen Hauzel als treibender Kraft wurde der DSFS Ende 1979 ein eingetragener Verein (e.V.) und schloss sich als Mitglied der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG) an, weil er ihre Ideale und Ziele unterstützt, insbesondere die Verwirklichung der ethischen, kulturellen, sozialen und persönlichkeitsbildenden Werte des Sports.
Viele Elemente, die unseren Verein bis heute prägen, stammen aus der Zeit kurz nach der offiziellen Vereinsgründung. Erstmals waren Aufkleber und T-Shirts mit unserem Vereinslogo erhältlich. Der DSFS-Kick, das alljährliche aktive Fußballspiel der DSFS-Mitglieder zum Abschluss der JHV, wurde eingeführt.
Neben dem monatlichen Rundschreiben gab es ab Februar 1979 erstmals eine kleine, vereinseigene Mitgliederzeitschrift im A5-Format. Helmut Jetter war für Konzept und Ausführung verantwortlich und sorgte dafür, dass jährlich drei MAGAZINe an die Mitglieder verschickt werden konnten. Im Gegensatz zu den Rundschreiben, die hauptsächlich aktuelle Vereinsbürokratie enthielten, berichtete das MAGAZIN mehr über die Treffen, also den gemütlichen, familiären Teil des Vereins.
Im November 1980 erschien die erste Broschüre des DSFS. Helmut Jetter hatte die größten Erfolge “seines” Hamburger SV zusammengestellt. Zwei Monate später legte Herbert Gerlach mit zwölf Vereinskameraden den Grundstein für eine der erfolgreichsten DSFS-Publikationen überhaupt: Die Halbzeitbilanz der Amateur-Oberliga 1980/81. Hieraus entwickelte sich das bis zum heutigen Tage jährlich erscheinende Saison-Abschlusswerk des DSFS — inzwischen unter dem Titel Deutschlands Fußball in Zahlen beim AGON-Verlag in Kassel.
Die Blütezeit, die vor allem von Helmut Jetter und Heinz-Jürgen Hauzel geprägt war, ging Ende 1983 zu Ende. Der DSFS war im Wandel vom familiären Verein der Anfangsjahre zum echten Statistiker-Club. Damit fühlten sich die Gründerväter überfordert. In ihren Augen schien im DSFS irgendwie nichts mehr vorwärts zu laufen. Selbstkritisch und ein wenig demoralisiert wollten sie anderen Mitgliedern die Chance geben, das DSFS-Ruder in die Hand zu nehmen. Auf der JHV 1984 in Wiesbaden war außer Kassenwart Wolfgang Sager keiner mehr bereit weiterzumachen. Der Club war nach tollen, turbulenten Jahren in einen Dornröschenschlaf verfallen. In dieser Zeit übernahm Alfred Nitschke den Vorsitz, um der drohenden Auflösung des DSFS vorzubeugen.
1986-95 Organisierte Individualisten
Erst im Frühjahr 1986 regte sich wieder etwas. Camillo Kreuzer war mit über 70 Jahren damals nicht nur einer der ältesten Mitglieder, sondern auch der aktivste Statistiker. Seine engagierten Briefe an den Großteil der Mitglieder waren echte Weckrufe und sorgten für neuen Schwung. Mit der Gründung eines Vereins-Archives in seiner Wohnung legte er das Fundament für die Entwicklung des DSFS zu einem echten Statistiker-Verein. Er pflegte Kontakt zu anderen Menschen mit demselben außergewöhnlichen Hobby und versuchte, sie für den DSFS zu gewinnen.
Endlich gab es zahlenmäßig genug gute Statistiker, denen echte Aufgaben gestellt werden konnten. Thomas Grüninger, der in den schwierigen Jahren zuvor die Verantwortung für die Amateur-Oberliga-Bilanz am Saisonende übernommen hatte, versuchte nun, die aktiven Statistiker im DSFS zu organisieren. Die noch heute gepflegten Strukturen wie z.B. Archiv, Bibliothek oder Arbeitsgemeinschaften stammen aus dieser Zeit.
Wenige Jahre nach dem großen Tief war mehr Leben denn je im DSFS. Vor allem die Statistiker kamen jetzt zu ihrem Recht. Erfahrene Führungspersönlichkeiten bildeten fortan mit neuen, statistischen Kräften eine Symbiose, die bis heute Bestand hat und zur berechtigten Hoffnung Anlass gibt, dass der Club die weitere Zukunft meistern wird.
Im März 1987 fand am Ort des Archivs das erste Statistiker-Treffen statt. Erstmals konnten die Statistiker im DSFS über ihre Probleme beraten und für die Zukunft planen. Zur JHV 1987, die ebenfalls in der Nähe des Archivs stattfand, waren alle gekommen, die damals in der deutschen Fußball-Statistik Rang und Namen hatten. Ein selbsternannter “Experte” bezichtigte den DSFS dort der Drittklassigkeit. Rückblickend stellen wir aber mit Stolz fest, dass der DSFS von den vielen fußballstatistischen Aktivitäten, die es Mitte bis Ende der 80’er-Jahre in Deutschland gab, praktisch als einziges überlebt hat.
Anfang der 90’er-Jahre verfeinerte Ulf Leinweber die statistischen Strukturen im DSFS. Er entwickelte Muster und Richtlinien, die seitdem einen gemeinsamen Mindest-Qualitäts-Standard für alle Arbeiten des DSFS sicherstellen.
Bei aller Organisation hatten die Verantwortlichen leider den menschlichen Aspekt übersehen. Die meisten aktiven Fußball-Statistiker sind im Grunde ihres Herzens Individualisten. Am liebsten arbeiten sie zu Hause in ihrer stillen Kammer für sich alleine. Der DSFS ist ein Verein von Hobbyisten, die alle aus Spaß an der Freude arbeiten. Anders als im alltäglichen Berufsleben gibt es im DSFS keinerlei Druckmittel, mit denen man Mitglieder zur Arbeit zwingen könnte.
So hing der Fortschritt des DSFS in dieser Epoche hauptsächlich an den Aktivitäten einzelner Mitglieder. Die Bücher des DSFS hatten damals in der Regel nur einen oder zwei Autoren: Helmut Schramm veröffentlichte mit Hilfe von Siegesmund Bräuer “Die Gauliga” und brachte einige Datensammlungen über den internationalen Fußball heraus. Die Ergebnisübersichten aus den Verbänden Berlin, Niederrhein und Württemberg verdanken wir Dieter Hildebrandt, Reinhard Schlenke und Günther Nebe. Von Karlheinz Latussek und Klaus Querengässer gab es Jahrbücher aus dem Nordosten, dem Südosten und Dresden.
1995-98 Gemeinsam sind wir stark – Die großen Bücher
Nach Einführung der viergleisigen Regionalliga im Sommer 1994 musste der DSFS sein Saison-Abschlusswerk neu konzipieren. Ursprünglich waren es mit Bernd Timmermann und Ewald Diers wieder nur zwei einzelne Mitglieder gewesen, die daraus das bis dato ausführlichste Buch des DSFS bastelten: Die Regionalligen war im Sommer 1995 der Anstoß für eine neue Generation von DSFS-Publikationen.
Begeistert vom Umfang und der Qualität des Regionalliga-Buches wurden die Rufe laut nach ähnlichen Jahrbüchern über tiefere Spielklassen. Dies konnte aber nur gelingen, wenn die Mitglieder in größeren Regionalgruppen zusammenarbeiteten und einige von ihnen bereit waren, neben der inhaltlichen auch organisatorische Verantwortung zu übernehmen.
Nach der Erweiterung des Vorstandes auf sieben Mitglieder, waren die Statistiker dort zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in der Mehrheit. Seit 1998 ist die ehrenamtliche Arbeit unserer Mitglieder sogar als gemeinnützig anerkannt. Da die Vereine und Verbände im DFB oftmals nur sehr begrenzte finanzielle Möglichkeiten zur statistischen Dokumentation haben und der Aufwand in keinem sinnvollen Verhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen steht, erfüllt der DSFS eine wichtige Aufgabe.
Der Zusammenhalt innerhalb der Regionalgruppen wurde gefestigt durch zusätzliche, regelmäße regionale Treffen. Diese erwiesen sich auch als gute Gelegenheit, neue Mitglieder zu integrieren, die durch zumeist unsere Regionalliga-Jahrbücher auf uns aufmerksam geworden waren. Zuerst begannen die Regionaltreffen im Westen, Norden und Nordosten, inzwischen gibt es sie nahezu flächendeckend, u.a. auch in Hessen und Baden-Württemberg.
Obwohl nur rund 70 Mitglieder neu hinzugekommen waren, hat sich die Zahl der aktiven Statistiker im DSFS in dieser Epoche mehr als verdoppelt. Hatte der DSFS in seinen ersten 25 Jahren von 1971 bis 1996 insgesamt rund 3.000 Seiten in 50 Büchern veröffentlicht, waren es alleine im Jahre 2002 mehr etwa 3.500 Seiten in 15 Büchern. Parallel dazu erlaubte der technische Fortschritt, unseren Büchern eine einheitliche Optik und damit einen klaren Wiedererkennungswert zu geben.
Die Brücke zwischen den Individualisten und dem Verein DSFS ist geschlagen: Zuerst sammeln die Mitglieder jeder für sich alleine die notwendigen Ergebnisse und Tabellen, dann tragen sie sie im Verein zusammen. Dort sucht sich ein jeder wieder seine einzelne Aufgabe (z.B. elektronische Erfassung der Daten oder Korrektur lesen), was er zum gemeinsamen Buch beitragen möchte.
1999-2023 Lückenlose Dokumentation im digitalen Zeitalter
Nachdem die organisatorischen Strukturen im Laufe der Jahre immer weiter optimiert werden konnten, beobachten wir nun den bei Sammlern weit verbreiteten Vollständigkeits-Tick: Wer etwa 45 von 47 Kreisligen hat, der will auch noch die restlichen beiden bekommen. Hinzu kommt ein Konkurrenzkampf zwischen den Regionen: Wenn eine Region Junioren-Ergebnisse dokumentiert, machen die anderen Regionen das gerne nach.
Unser Buch über “Die Regionalligen” erschien seit 1998 beim professionellen AGON-Verlag in Kassel. Längst haben wir auch den Inhalt dieses Jahrbuches vervollständigt. Es hieß zunächst folgerichtig “Deutschlands Fußball in Zahlen”, inzwischen “Deutscher Fußball-Almanach”. Als inhaltliche Ergänzung dazu etablieren wir acht regionale Jahrbücher mit Ergebnissen und Tabellen bis in die untersten Kreisklassen.
Ein Blick in unser Archiv bringt eine Unmenge an historischen Ergebnissen und Tabellen hervor, die bislang noch unveröffentlicht sind. In jeder Region gibt es Aktivitäten, den deutschen Ligafußball von 1945 bis heute nachträglich aufzuarbeiten. Im Laufe der kommenden Jahre werden wir diese Dokumentations-Lücken nach und nach schließen. Bis zur Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hat jedes DSFS-Mitglied alle verbandsübergreifenden Ergebnisse und Tabellen seit 1945 in Form unseres Loseblattwerkes Liga-Chronik alle zwei Monate mit dem DSFS-MAGAZIN bekommen.
Diese ungeheure Datenmenge können wir jedoch nur bewältigen, wenn wir die Möglichkeiten der neuen Medien nutzen. 2022 ging die Online-Datenbank live. Bücher werden inzwischen zusätzlich als CD-ROM angeboten, perspektivisch sind PDF’s als Download geplant.
Bei allen Veränderungen im Laufe der Jahrzehnte haben wir mit der familiären Atmosphäre einen ganz wichtigen Bestandteil des DSFS erhalten. Im Gegensatz zu den wilden 70’er-Jahren dominiert er unseren Verein nicht mehr. Diese Rolle hat inzwischen die Statistik übernommen. Aber auch der familiäre Aspekt hat sich weiterentwickelt, denn er hat einen soziale Facette hinzubekommen. Wir integrieren jedes Mitglied nach seinen Möglichkeiten und wir fördern die Kontakte zwischen unterschiedlichsten Charakteren. Da lernen junge Mitglieder von den Erfahrungen der älteren.